Die 5. Jahreszeit in Köln ist vorbei. So etwas habe ich tatsächlich noch nie erlebt. Seit meinem 1. Arbeitstag gab es nur ein wichtiges Thema in unserem Büro: Wie, wo und als was feiert man Karneval. Ich war überhaupt kein Faschingsfan in Österreich. In Wien habe ich oft gar nicht mitbekommen, dass Fasching ist. Hier ist alles ganz anders.
Der ganze Wahnsinn startet laut Erzählungen schon am 11.11. um 11:11. Ein kleiner Feiertag hier im Rheinland. Ab diesem Tag kann man täglich Karnevalssitzungen besuchen. Das ist auch der Grund, warum ich jeden Abend am Weg nach Hause verkleidete Menschen gesehen habe. Das gehört in Köln einfach zum Stadtbild.
Richtig los ging es dann am Donnerstag – oder Weiberfastnacht. Da hieß es: Verkleidet ins Büro kommen. Die Zugfahrt nach Köln war schon ein Abenteuer. Der Zug war voller Schlümpfe, Hexen, Rauchfangkehrer und Einhörner. Es wurde schon um 8 Uhr Bier getrunken und lautstark gesungen. Mittendrin: ich aka Pipi Langstrumpf.
Im Büro feierten wir natürlich auch um 11:11, hörten Karnevalsmusik, tranken Kölsch und aßen Kalorienbomben wie Käserollen, Zimtschnecken und Metbrötchen. Ich lernte, dass es Berliner in jeglicher Form gibt. Mit Kirschkonfitüre, mit Vanillecreme, mit Schwarzwälderkirschfüllung, mit alkoholischer Füllung, etc. Nur nicht mit Marillenmarmelade 🙁 Krapfen gibt es hier übrigens auch, bei uns würde man Brandteigkrapferl dazu sagen.
Um 13 Uhr waren wir dann noch zu viert im Büro, alle anderen machten sich auf den Weg in Kneippen oder zu Privatpartys. Übrigens: Wir unterscheiden in Köln zwischen Straßenkarneval und Kneippenkarneval. Also ich um 17 Uhr aus dem Büro ging, fühlten sich die Straßen wie eine überdimensionale Apres-Ski-Bar an. Viele Menschen, laute Musik. Unverkleidete sah man nicht. Das ist hier einfach keine Option.
Am Sonntag fuhr ich dann mit Michi nach Düsseldorf. Hier feiert man Helau. Das Wort Alaaf ist verpönt in Düsseldorf. Die Königsallee, die Einkaufstraße der Schönen und Reichen, war von Narren und Jecken bevölkert. Gute Stimmung überall. Die Luxusläden der Kö haben vorsichtshalber ihre Auslagen verbarrikadiert.
Die meisten Jecken bringen ihr Essen selber mit, in Leiterwägen oder sonstigen rollbaren Konstrukten. Erfahrene Karnevalsbesucher haben auch eigene Trinkgefäße mit – sehr gscheit. Das mache ich nächstes Jahr auch, denn Hygiene ist nicht so angesagt im Karneval. Toiletten sind auch rar.
Bei den Kostümen waren alle möglichen Ganzkörperanzüge hoch im Kurs: Einhörner, Geparden, Tiger, Bären etc. Apropos hoch im Kurs: das ist auch Andreas Gabalier. Seine Lieder gehören fix zum Karneval – wie das Kölsch oder Altbier.
Rosenmontag ist der absolute Höhepunkt im Karneval, als Kölner Unternehmen haben wir natürlich frei. Ich persönlich hatte erstmals genug vom Karneval und wollte mir einen entspannten Shopping-Tag gönnen. Also fuhr ich nach Hilden, in die wunderschöne Fußgängerzone und stand vor verschlossenen Türen. Sogar große Handelsketten wie Peek & Cloppenburg oder DM hatten geschlossen. Das überraschte mich. Ich entschied, mein Glück bei Ikea zu versuchen. Diese Idee hatte auch halb Düsseldorf. Wie ich im Nachhinein erfuhr, ist der Rosenmontag der umsatzstärkste Tag von Ikea in NRW.
Meine Karnevals-Premiere ist gut gelungen. Für nächstes Jahr habe ich einige Professionalisierungsideen. Die Chancen stehen gut, dass ich hier zum echten Karneval-Fan werde 🙂
Kleines 1×1 des Karnevals:
Jecken: Menschen, die Karneval feiern
Berliner: In Österreich sagen wir Krapfen
Kölsch: Sprache und Bier der Kölner
Altbier: Bier in Düsseldorf
Weiberfastnacht: Donnerstag des Karnevals
Tulpensonntag: Faschingssonntag
Veilchendienstag: Faschingsdienstag
Fastenlovend: anderes Wort für Karneval
Meine liebe Kollegin Heike ist eine Karneval-Junkie und hat mich immer wieder mit Infos und Links zum Karneval versorgt. Wichtige Lieder, Sprüche und Überlebenstipps: https://www.koelsch-woerterbuch.de. Das will ich euch natürlich auch nicht vorenthalten.